Land der Frauen
Sie arbeiten von früh bis spät. Sie sind verantwortlich für Haushalt und Kinder. Sie sind dem Ehemann auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, denn verheiratet sein bedeutet, des Gatten Eigentum zu werden. Gewalt in der Familie ist keine Seltenheit. Die Alternative aber, nämlich keinen Mann zu haben, bedeutet auch, kein Land zu haben, denn nur Männer haben ein Recht auf Land.
Die Rede ist von den indigenen Frauen in Chiapas, Mexiko. Indigena in Mexiko zu sein heißt in der Regel, arm zu sein und wegen seiner Kleidung, Sprache, Musik, Tradition und Kultur diskriminiert zu werden. Indigene Frauen haben es noch schwerer, denn sie haben auch innerhalb der eigenen Gesellschaft häufig keine Rechte. Viele müssen, anstatt lesen und schreiben zu lernen, schon als Kinder arbeiten: sie helfen im Haus und auf dem Feld, lernen töpfern oder Handarbeiten. Oft werden ihre Produkte so schlecht bezahlt, dass es kaum zum Überleben reicht.
Der Aufstand der EZLN am 1. Januar 1994 stellt zumindest für die zapatistischen Frauen einen Wendepunkt dar. Das revolutionäre Frauengesetz innerhalb der zapatistischen Bewegung, das dem Aufstand vorausging und ihn mit bedingte, räumt ihnen gewisse Rechte ein. Obwohl die Umsetzung ein langwieriger Prozess ist, können die Frauen doch nun ihre Meinung auf Versammlungen vertreten und sich selbst in Kooperativen organisieren, um ihre Produkte zu faireren Preisen zu verkaufen.
Doch die Frauen gehen noch weiter, Schritt für Schritt setzen sie sich zur Wehr, verteidigen ihre Dörfer gegen die Militärs, organisieren Demonstrationen und mobilisieren Millionen von Menschen. Comandante Esther sprach im Jahr 2001 vor dem Kongress der Union - eine Stimme derer ohne Stimme, live übertragen auf sämtlichen Fernsehkanälen Mexikos.
Auch in kirchlichen Frauengruppen, Theatergruppen etc. organisieren sich die chiapanekischen Frauen und nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand. Landarbeiterinnen, Lehrerinnen, Gläubige, Kunsthandwerkerinnen, Künstlerinnen, Hebammen, sie alle suchen ausgehend von ihrer eigenen Wirklichkeit nach einer besseren Zukunft
"Tierra de mujeres" - "Land der Frauen" zeugt von diesen Entwicklungen. Vor dem Hintergrund ausdrucksstarker Bilder berichten die Frauen selbst von ihrem Leben, ihren Schwierigkeiten und Ängsten, ihren Hoffnungen. Der Film ist Ergebnis des Treffens, des Austausches, des Lernens und Zuhörens. Er gibt den Frauen in Chiapas eine Stimme und ist damit ein wichtiges und aktuelles Zeugnis des Lebens in Chiapas - von Frauen, aber nicht nur für Frauen.
Katja Rameil
DVD