»Bloom [blum], der, um 1914; unbekannter Herkunft, vielleicht vom russischen ›Oblomov‹, vom deutschen ›Anna Blume‹ oder vom englischen ›Ulysses‹. — 1. Endzeitstimmung einer ans Sterbebett gefesselten Zivilisation, die sich von ihrem Untergang nur mehr abzulenken vermag, indem sie zwischen kurzen Phasen technophiler Hysterie und langen Abschnitten beschaulicher Kraftlosigkeit abwechselt. Es war, als lebte die blutleere Masse der Gehaltsempfänger im Bloom. ›Tod dem Bloom!‹ (J. Frey) 2. In übertragener Bedeutung: Unter den sonderbaren Menschen einer Welt autoritärer Warenwirtschaft weit verbreitete Lebens-Form des Dämmerns und der Beliebigkeit - ›bloomig, Bloomität, Bloomifizierung‹. 3. Auch: die Gegenwart des eigenen Nachlebens (Nachlaß zu Lebzeiten). ›Den Bloom haben‹. 4. Sterbeurkunde klassischer Politik. 5. Geburtsurkunde einer ekstatischen Politik. 6. Geschichte: besiegelte durch seinen Aufstieg die Bildung der verschiedenen Zellen des ›Unsichtbaren Ausschusses‹, eines anonymen Verschwörungsnetzwerks, das im ersten Viertel des 21. Jahrhunderts nach einer Reihe von Sabotageakten und Aufständen schließlich die Warenherrschaft beseitigte. ›Die Zuschauer erstarren, wenn der Zug vorbeifährt.‹ (K.)«
In der Tradition der »Situationistischen Internationale« greift das Autorenkollektiv Tiqqun in seiner Theorie vom Bloom das Stichwort eines weiteren Bloom (Harold) auf und erstellt eine Topographie der Fehllektüre hegemonialer Diskurse. Im Geiste des fröhlichen Schizo unterminieren die Autoren die Gemeinplätze ökonomischer Dispositive, um zu einer Sprache der Verschwendung und damit einer Politik des Begehrens zu finden.
Buch, 120 Seiten