Kritische Texte zum real existierenden Sozialismus
Das gesamte 20. Jahrhundert hindurch hat die Einschätzung der Sowjetunion direkt oder indirekt einen großen Teil der linken Debatten beherrscht. Seit der Oktoberrevolution von 1917 bildete die so genannnte "Russische Frage" mehr als siebzig Jahre lang einen der wichtigsten Streitpunkte jeder radikalen Debatte. Der Historiker Marcel van der Linden hat sechs klassische linke Texte versammelt, die sich kritisch mit dem Bestand der Sowjetunion auseinandersetzen. Einleitende Beiträge des Herausgebers zu den Autoren und ihrem politischen und wissenschaftlichen Umfeld machen den Band zu einer Fundgrube für alle, die sich auch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion mit dem Experiment des real existierenden Sozialismus auseinandersetzen wollen.
Handelte es sich bei der UdSSR wirklich um eine sozialistische Gesellschaft, wie "orthodoxe" Kommunisten meinten? Wie war eine derartige Einschätzung mit der menschenverachtenden Repression und der massiven Zwangsarbeit im Stalinismus und dem Fehlen jeglicher Demokratie in Einklang zu bringen? Und wenn die UdSSR nicht sozialistisch war, wie muss man sie dann einschätzen? Handelte es sich vielleicht um eine degenerierte Form von Arbeiterherrschaft? Um eine Variante des (Staats)Kapitalismus? Um eine Klassengesellschaft unbekannten Typs mit einer neuartigen Herrscherklasse? Oder um eine historische Fehlgeburt ohne Eigendynamik?
Der vorliegende Band gibt einen knappen Überblick der marxistisch inspirierten Theoretiker, die die Sowjetunion als nicht-sozialistisch betrachteten. Trotz ihrer sehr verschiedenen Auffassungen können ihre Beiträge von großer Bedeutung für die Entwicklung herrschaftsfreier Alternativen zum sich globalisierenden Kapitalismus sein.
Die Autoren:
Buch, 176 Seiten