Zu Beginn der Pandemie, die als «Coronakrise» in die Geschichte eingehen soll, gab es noch eine Reihe von Hoffnungen. Die Krise wu¨rde zu mehr Einsicht in die Notwendigkeit gesellschaftlich-solidarischer Einrichtungen fu¨hren, zu mehr Wertscha¨tzung fu¨r A¨rzte und Pflegepersonal, zu mehr Solidarita¨t in den Bevo¨lkerungen. Als kleines Nebenprodukt wu¨rde sie die Frage erlauben, ob der Kapitalismus in seiner aktuellen Form wirklich die beste Weltordnung liefere, sie wu¨rde Autokraten enttarnen, den Populismus u¨berflu¨ssig machen, die Wertscha¨tzung fu¨r Kultur und Kritik wieder beleben, soziales Verantwortungsgefu¨hl und ein Bewusstsein fu¨r den Kampf gegen die Umweltzersto¨rung erzeugen ... Kurz: Die Krise wa¨re zugleich mit den Gefahren vielleicht auch eine Geburtshilfe fu¨r neue Chancen.
Mit zunehmender Dauer mu¨ssen wir uns indes auch von den Hoffnungen auf eine bessere Post-Krisen-Welt verabschieden. Denn bereits als viele Menschen nur mit ihrem perso¨nlichen U¨berleben, mit ihren Einschra¨nkungen und mit der Verantwortung fu¨r die Na¨chsten zu tun hatten, setzt die Bewegung von Reaktion und Restauration ein. Die Hoffnungsblasen platzen und es zeichnet sich ab: Die Gewinner der Vor-Krise werden wieder die Gewinner der Nach-Krise sein (mit etlichen Verschiebungen, Versta¨rkungen und Vermittlungen). Die Verlierer sollen weitere Verluste in Kauf nehmen – ganz im Dienste des «Systems».
Mo¨glicherweise aber ist der Kipppunkt noch nicht erreicht, noch sind die Chancen, die fu¨r Kritik und Widerstand in einer Krise stecken, nicht endgu¨ltig vertan. Deswegen ist eine Analyse notwendig, die sich keine Illusionen macht, aber auf «ta¨tige Hoffnung» (Bloch) nicht verzichtet. Dafu¨r liefert das vorliegende Buch Material und Ansatzpunkte.
Buch, 184 Seiten