Das kämpferische Leben einer Architektin von 1938-1945
Margarete Schütte-Lihotzky war die erste Frau, die in Österreich Architektur studierte. Gegen Ende des Ersten Weltkriegs schloss sie ihr Studium ab und widmete sich von da an dem sozialen Wohnbau. Mitte der 1920er-Jahre setzte sie mit der von ihr entwickelten Einbauküche, der „Frankfurter Küche“, einen Markstein in der Architekturgeschichte. 1930 folgte sie einer Einladung in die Sowjetunion, wo sie sich sieben Jahre mit dem Bau sozialer Einrichtungen und Wohngebiete befasste. Über Paris und London gelangte sie nach Istanbul, wo sie auf der Universität unterrichtete und sich 1939 der illegalen Kommunistischen Partei Österreichs und dem Widerstand gegen Hitler anschloss. 1941 kehrte sie im politischen Auftrag in ihre Heimatstadt zurück, wurde aber nach nur wenigen Wochen von der Gestapo inhaftiert.
In ihren Erinnerungen beschreibt Schütte-Lihotzky die quälende Zeit in der Untersuchungshaft und ihren Prozess vor einem unmenschlichen Gericht, bei dem sie knapp mit dem Leben davon kam. Drei der fünf Angeklagten wurden zum Tode verurteilt, Schütte-Lithotzky nach dem Prozess in ein „Frauenzuchthaus“ in das bayrische Dorf Aichach überstellt, wo sie bis zum Ende des Krieges überlebte.
Den Schwerpunkt ihrer Aufzeichnungen bilden die Erlebnisse der Solidarität unter den Mitgefangenen, der ungebrochene Wille, auch in den Kerkern der Nazis Widerstand zu leisten und die politische Organisation aufrecht zu erhalten. Detailliert beschreibt Schütte-Lithotzky die Methoden, mit denen die Gefangenen Folter, Einzelhaft, Verhöre und Schikanen ihrer Peiniger zu überstehen versuchen, wie sie über die Zellen hinweg mit Klopfzeichen und Kassibern kommunizieren. Ihren aufrechten MitstreiterInnen, die unter dem Fallbeil der NS-Justiz zu Tode kamen, setzt sie ein Denkmal, in dem sie ihren Werdegang und ihre Aktivitäten im Gefängnis dokumentiert. Nicht zuletzt drückt sie in ihrer Niederschrift Stolz darüber aus, Widerstand geleistet zu haben, „Stolz gegenüber allen jenen, die gegen die Nazis waren, aber nichts getan haben, Stolz gegenüber allen jenen, die am liebsten Schweigen ausbreiten wollen über die Helden, die als Einfache und Unbekannte damals unter uns lebten“.
Buch, 208 Seiten