Das Buch liefert einen wichtigen Beitrag zur Neuformulierung feministischer Strategien gegen sexualisierte Gewalt. Dafür beleuchtet es die Grundlagen der aktuellen Debatten um sexuelle Zustimmung - bekannt unter «Ja heißt Ja» oder «Konsensprinzip» - und unterzieht diese einer kritischen Analyse.
Feministinnen kämpfen seit den 1970er Jahren unter dem Motto «Nein heißt Nein» für sexuelle Selbstbestimmung und gegen «Gewalt gegen Frauen». Es geht dabei um nichts Geringeres als die Anerkennung von Frauen als (vollwertige) sexuelle Subjekte: Die politische Losung «Nein heißt Nein» verlangt, das «Nein» von Frauen ernst zu nehmen. Aus der Erkenntnis heraus, dass es nicht immer allen gleich möglich ist, «Nein» zu sagen, ist die feministische Forderung nach «Ja heißt Ja» entstanden. Nur weil kein «Nein» formuliert wurde, ist Sex demnach noch nicht als einvernehmlich zu betrachten. Vielmehr ist die ausdrückliche Zustimmung aller Beteiligten notwendig. Damit soll gleichzeitig die Verantwortung für sexuelle Gewalt verlagert werden: Weg von jenen, die nicht (klar genug) «Nein» sagen hin zu jenen, die nicht das nötige «Ja» abwarten. Aus einer feministischen Perspektive erscheint dies zunächst plausibel.
Rona Torenz fragt nach den stillschweigenden Voraussetzungen der feministischen Debatten um sexuelle Zustimmung und begreift ihre Effekte als ambivalent. Im Zuge der Verinnerlichung sexueller Machtverhältnisse im Kontext der allgemeinen (Neo-)Liberalisierung greift «Ja heißt Ja» zu kurz. Die Autorin kommt zu dem Schluss, dass «Ja heißt Ja» gesellschaftliche Machtverhältnisse, speziell heteronormative Geschlechterverhältnisse, unterschätzt.
Auf Grundlage der formulierten Kritik gibt Rona Torenz einen Ausblick auf die Weiterentwicklung feministischer Analysen sexueller Machtverhältnisse.
Zweite aktualisierte Auflage 2022
Buch, 184 Seiten